Hier erfahren Sie alles, was rund um die Streuobstwiesen in Filderstadt passiert. Die ökologisch wertvolle und typische Kulturlandschaft der Fildern birgt viele Geheimnisse. Begeben Sie sich auf einen Spaziergang durch die Schätze Filderstadts vom eigenen Apfelsaft bis hin zum Museumsobstgarten, auf dem Sie nicht nur interessante Fakten, Aktionen und die Schönheit dieser Landschaft entdecken können, sondern auch egal bei welchem Wetter keinen Regenschirm brauchen.
Streuobstwiesen allgemein
Streuobstwiesen sind Wiesenlandschaften mit verstreut angepflanzten, hochstämmigen Obstbäumen auf meist ertragsarmen Böden. Früher waren die ausgedehnten Obstwiesen ein typisches Erscheinungsbild der Filderlandschaft – neben den vor allem durch den Krautanbau bekannt gewordenen Ackerflächen der Filderebene. Während der letzten Eiszeit (Würm) fand aufgrund der Beckenlage der Fildern Lössakkumultion statt. Die darauf in den folgenden Warmzeiten stattfindende Bodenbildung resultierte in den heutigen sehr fruchtbaren Standorten, die nur von einem einzigen Standort in Deutschland übertroffen werden können.
Heute sind viele Obstwiesen allerdings den Siedlungsbau und dem Straßenbau zum Opfer gefallen. Da sie keine wirtschaftliche Bedeutung mehr haben, hält sich bei der Bevölkerung das Interesse und die Motivation für die Pflege in Grenzen, sodass sich der Baumbestand oft überaltert oder ungepflegt darstellt und die Wiesen teilweise verbuschen.
In Filderstadt wurden sämtliche Streuobstwiesengebiete daher per Rechtverordnung des Landratsamtes Esslingen bereits 1988, 1994 und 1995 als Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen. Um die Filderstädter Streuobstwiesen noch intensiver zu schützen, zu fördern und zu erhalten, wurde im Oktober 2008 das Projekt "Netzwerk Streuobstwiesen in Filderstadt" gegründet. Denn trotz den seit 1987 durchgeführten Maßnahmen wie die Hochstammaktion, das Volunteersprojekt "Pflegen, Ernten, Mosten", den Filderstädter Apfelsaft, die Schermausfänger, eine breite Öffentlichkeitsarbeit mit Naturerlebnistagen, Veranstaltungen im Sommerferienprogramm und Bildungsaktionen, der Einrichtung und Pflege des Museumsobstgartens und Nistkastenkontrollen konnte der Fortbestand dieser wertvollen Biotope nicht nachhaltig gesichert und der Pflegezustand verbessert werden.
Streuobstwiesen (circa 250 Hektar unserer Gemarkungsfläche) umgeben unsere Stadtteile wie ein Gürtel und wirken als ausgleichender Einfluss auf das Lokalklima (Windschutz und Frischluftlieferant). Sie bilden markante Flächen im Landschaftsbild und besitzen einen sehr hohen Erholungswert. Gleichzeitig bieten sie vielen Tier- und Pflanzenarten wichtige Ersatz- und Refugialbiotope. In unseren Streuobstwiesen kommen bis zu mehrere hundert Tierarten vor: Von den sehr wichtigen Insekten (Bienen, Wildbienen, Schmetterlinge, Spinnen ...), die zur Bestäubung und dadurch zur Befruchtung der Obstbäume dienen, über die Reptilien (Blindschleichen und Eidechsen) und Vögel (Steinkäuze, Spechte und viele andere) bis hin zu den Säugetieren (Haselmäuse, Igel, Baummarder und andere Kleinraubtiere). Die Tiere leben in den Stämmen (Höhlen) der Bäume, im Erdreich oder auf der Wiese. Die Insekten sind für die Vögel als Nahrungsquelle sehr wichtig, die Vögel wiederum für die Kleinraubtiere. Auch kleine Säugetiere, wie Mäuse sind für größere Greifvögel wichtig. So entsteht ein wichtiger Kreislauf um die Bäume.
Die Streuobstwiesen in Filderstadt sind etwas besonderes, nicht nur weil sie komplett kartiert sind, sondern auch weil sie eine extrem hohe Biodiversität aufweisen. Darunter befinden sich einige bedeutende Zielarten des europäischen Naturschutzes. Wendehals, Neuntöter, Halsbandschnäpper, Steinkauz und Co. sind aber alle leider sehr selten. Manche Tiere wie das Hermelin oder Fledermäuse nutzen die Streuobstwiesen als Jagd- beziehungsweise Nahrungshabitat. Die hohe Vielfalt der Kulturlandschaft liegt daran, dass sie vielfältige Lebensräume auf unterschiedlichen Ebenen bietet: Unten blütenreiche Wiese und oben der lichte (aber auch oft variierende und damit abwechslungsreiche und somit attraktiv für Arten) Baumbestand aus Obstbäumen.
Kulturhistorische Bedeutung der Streuobstwiesen
- Einige Jahrhunderte lang prägten Obstwiesen das örtliche Landschaftsbild.
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Äpfel, Birnen und weitere Baumfrüchte waren ein wichtiger Bestandteil für die Selbstversorgung der Menschen.
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Außerdem dienten die Obstwiesen als Viehweiden. Infolge des Strukturwandels vor allem in der zweiten Hälfte des 20igsten Jahrhunderts verlor die Selbstversorgung jedoch an Bedeutung.
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Durch Überbauung und Intensivierung der Landwirtschaft gehen die Obstwiesen immer mehr zurück. Der verbliebene Bestand leidet unter Nutzungsaufgabe und in dessen Folge Überalterung und Verbrachung.
Ökologische Bedeutung
Streuobstwiesen sind neben den Fließgewässern der wichtigste Biotoptyp auf den Fildern. Es sind noch etwa 250 Hektar in Filderstadt vorhanden, die oftmals seltene Arten beherbergen und daher sehr schützenwert sind. Sie bieten zahlreichen Insekten, Vögeln, Reptilien und Kleinsäugern Nahrung, Brutplatz, Versteck- und Überwinterungsmöglichkeit sowie Jagdgebiet, Singwarte und Nektarquelle. Wird der Lebensraum einzelner Tiergruppen zerstört, wirkt sich dies aufgrund der Nahrungskette negativ auf das gesamte Ökosystem aus. Der Erhalt von alten Streuobstbeständen ist ein aktiver Beitrag zum Naturschutz. Gerade morsche Bäume mit ihren Höhlen und ihrer klüftigen Rinde bieten vielen Tieren Unterschlupf.